Mehr Beteiligung durch Vorwahlen

BR-Wahl 2022 bei ZFL Calden

84 Prozent Wahlbeteiligung, Aktive vorne, jünger, repräsentativer, stärker. Das neue Konzept des „Team IG Metall“ zur Betriebsratswahl ist voll aufgegangen.

„Wir hatten eine phantastische Wahl. Unser Konzept hat funktioniert“, freut sich Michael Brömsen, der alte und neue Betriebsratsvorsitzende bei ZF Luftfahrttechnik im nordhessischen Calden. Das Konzept des „Team IG Metall“ war: Im Februar wählten die rund 450 Beschäftigten zunächst ihre Top-Kandidatinnen und Kandidaten in ihren Bereichen – und bestimmten damit die Reihenfolge der gemeinsamen Liste für die eigentliche Betriebsratswahl am 22. März.

Aktive bei der Betriebsratswahl vorne

Mit den drei an der Spitze gesetzten Kandidaten – dem Betriebsratsvorsitzenden, dem Stellvertreter und dem Leiter der Vertrauensleute, die alle über 200 Stimmen erhielten – haben es neun der elf Top-Kandidatinnen und Kandidaten aus den Bereichsvorwahlen in den Betriebsrat geschafft.

„Die, die besonders aktiv waren, sind auch gewählt worden“, berichtet Brömsen. „Und unser neuer Betriebsrat ist jünger, akademischer – etwa haben wir jetzt auch zwei Ingenieure und eine Master-Studierende, ziviler, lokaler – mit Betriebsräten aus jedem Bereich - und vor allem stärker, weil jetzt wirklich Aktive reingekommen sind.“

Belegschaft voll eingebunden

Zudem ist die Wahlbeteiligung gegenüber der letzten Betriebsratswahl 2018 deutlich von 78 auf 84 Prozent gestiegen, obwohl wegen Corona gut ein Drittel der Beschäftigten per Briefwahl gewählt hat.

„Ein Kollege hat mir gesagt: Zum ersten Mal haben wir das Gefühl gehabt, dass wir als Belegschaft in den gesamten Prozess der Betriebsratswahlen eingebunden waren“, erklärt Yonas Yemane, Leiter der IG Metall-Vertrauensleute bei ZFL. Er ist von über 300 der 450 Beschäftigten in den Betriebsrat gewählt worden. „Unser System der Bereichswahlen hat funktioniert. Das haben wir auch an den vielen Nachfragen nach der Auszählung der Stimmen gemerkt. Es lief perfekt, von Anfang an, mit Vollblut und Herz.“

Beschäftigte werden mutiger und sagen ihre Meinung

Bereits bei der digitalen Betriebsversammlung eine Woche vor dem Wahltag war das Interesse groß. Neben der Vorstellung der Kandidatinnen und Kandidaten stand dort die Diskussion von Zukunftsthemen auf dem Programm. „Viele haben ihre Meinung gesagt“, berichtet Yemane. „Die Leute werden mutiger, melden sich, stehen auf, bekommen Beifall und Wertschätzung.“

Das gestiegene Interesse zeigte sich auch bei den Rundgängen von Brömsen und Yemane im Betrieb, die mit einem „Team IG Metall“-Bollerwagen in die einzelnen Bereiche kamen.

„Vor allem in der Fertigung war ich wirklich überrascht“, berichtet Brömsen. „Wir kamen mit dem Bollerwagen um die Ecke – und da standen fünfzig Leute und haben auf uns gewartet. Wir hatten gute Gespräche.“

Belegschaft wird stärker

Und schließlich wird die Belegschaft auch stärker. „Viele bislang unorganisierte Beschäftigte sind schon vor den Vorwahlen in die IG Metall eingetreten – um mitwählen und mitbestimmen zu können“, erklärt Andreas Köppe von der IG Metall Nordhessen. „Auf der Betriebsversammlung war dann auch klar zu erkennen, wer der Chef ist: Die Belegschaft, ihre Vertrauensleute und ihre Betriebsräte.“

Neben dem Konzept zur Betriebsratswahl war zudem entscheidend, dass Betriebsrat und Vertrauensleute Themen gesetzt haben, insbesondere den Verkauf des Standorts. Lange war nicht klar, wer der Käufer sein wird. Die Beschäftigten setzten gemeinsam mit der IG Metall einen Überleitungstarifvertrag durch, der Arbeitsplätze und Entgelte absichert. Der Organisationsgrad stieg in weniger als zwei Jahren von 24 auf über 90 Prozent IG Metall-Mitglieder im Betrieb.

„Kann in jedem Betrieb funktionieren“

Nun ist klar: ZFL wird an Airbus verkauft. „Airbus kann kommen“, meint Yonas Yemane. „Die Geschäftsführung weiß: Wir können künftig auch knallhart, wenn es sein muss.“

Was das „Rezept“ des „Team IG Metall“ bei ZFL ist? Eigentlich nichts Besonderes, meint Yemane, der hunderte Einzelgespräche geführt hat. „Das kann auch in jedem anderen Betrieb funktionieren. Wenn die persönliche und politische Einstellung passt, dann können wir alles erreichen. Jedes Ziel. Du musst es leben.“